Welchen Komponisten könnte das Festivalmotto «Open End» besser charakterisieren als Pierre Boulez? Er verstand seine Kompositionen als «work in progress»: Immer wieder nahm er sie sich vor, überarbeitete sie, reicherte sie an und schrieb sie fort. Auch sein einziges Streichquartett begleitete ihn fast ein Leben lang. Bereits als 23-Jähriger hatte Boulez eine erste Fassung des Livre pour quatuor fertiggestellt. Doch nur zögerlich, Satz für Satz, präsentierte er es in den Folgejahren der Öffentlichkeit, revidierte es, zog es zeitweilig gar zurück. Ja, der vierte der sechs Sätze blieb bis zu Boulez’ Tod blosse Skizze. Irvine Arditti, der legendäre Quartettprimarius, beauftragte den französischen Komponisten Philippe Manoury, ihn postum doch noch zu vervollständigen. In Luzern trifft Boulez’ «Buch» auf ein Hauptwerk von composer-in-residence Marco Stroppa: In Spirali projiziert Stroppa den Klang des Streichquartetts mit mehreren Lautsprechern in den Raum. Es entsteht eine das Publikum umschliessende «Klangkugel», in der das musikalische Material unablässig in Bewegung ist und spiralförmig zu kreisen scheint.
Der weltberühmte Konzertsaal besticht durch seine einzigartige Akustik. Vom New Yorker Russell Johnson konzipiert, ist unter anderem das optimale Raumverhältnis 1:1:2 für den perfekten Klang verantwortlich. Auch die rund 24’000 quadratischen Gips-Reliefs mit einer Kantenlänge von 20cm sind ein akustisches Element. Im architektonisch atemberaubenden Saal werden Konzertveranstaltungen zu ganz besonderen Erlebnissen.